2. Zynismus und "Depersonalisierung": Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 28. November 2011, 12:45 Uhr
2. Zynismus und "Depersonalisierung"
Eine erste und unbewusste Reaktion auf die eine Dauerhafte Überforderung ist der Rückzug. Es sind die persönlichen Beziehungen zu den Kolleginnen und Kollegen sowie zu den Kunden, die mich zu belasten scheinen. Daher scheint es mir möglich, mich durch inneren Rückzug aus dem Kontakt mit anderen Menschen bei der Arbeit zu entlasten.
Diese Reaktion liegt nahe. Aber ihr Preis ist hoch. Denn es ist mir nicht möglich, den persönlichen Rückzug aus dem Kontakt mit anderen Menschen auf einen einzigen Bereich zu beschränken. Der Rückzug breitet sich mehr und mehr auf alle meine Beziehungen aus, wenn ich auf diese Weise reagiere. Ich werde mehr und mehr unfähig, andere Menschen in ihrer Individualität wahrzunehmen. Diese Unfähigkeit erfasst mit der Zeit mein ganzes Leben. Zunächst scheine ich mich durch diesen Rückzug zu schützen, später wird gerade der Rückzug zu einer Quelle des Leidens.
Beispiele für ein Verhalten sind Versuche in sozialen Diensten, mir das Leid und das Elend der Klienten vom Leib zu halten, indem ich jedes menschliche Mitgefühl verweigere und Menschen, die der Hilfe offensichtlich bedürfen, besonders schroff behandele. Schon zuvor beginne ich oft, verächtlich über sie zu denken. Ähnliche Reaktionen zeigen sich bei Ärzten und Krankenschwestern, wenn sie über die Menschen als Fälle reden oder Witze während der Operation machen. Das Problem ist nicht, dass ich mich auf diese Weise schützen will, sondern dass ich mich so nicht schützen kann. Denn je verächtlicher ich über Patienten und Klienten denke, desto mehr entwerte ich zugleich meine eigene Arbeit, und damit mich selbst.
Das Ergebnis einer solchen Haltung ist oft Zynismus gegenüber denjenigen, mit denen ich in der Arbeit in Berührung komme. Dieser Zynismus liefert jederzeit und in jeder beliebigen Situation "Gründe", warum es richtig ist, sich zurückzuziehen. Dadurch immunisiere ich mich gegen die Einsicht, dass ich Menschen in einer Weise behandle, wie ich selbst nicht behandelt werden wollte. Der Zynismus scheint mir in meinem Rückzug Recht zu geben. Wiederum ist nicht das Problem, dass ich mich zurückziehen will. Das ist verständlich und richtig. Aber diese Form des Rückzugs vergrößert die Gefahr des Burnout erheblich. Denn mit dem Zynismus ist der Teufelskreis erreicht, aus dem schwer herauszukommen ist. Die Klienten und Kolleginnen und Kollegen erfahren und erfassen meine überhebliche und herablassende Haltung und reagieren entsprechend. Diese Reaktion ist dann der "Grund", warum ich angeblich "diese Menschen" so behandle. wenn ich erst einmal ein Zyniker bin und in diesem Kreislauf befangen bin, sehe in meiner Arbeit kaum noch einen Sinn. Ich ziehe mich dann "deshalb" noch weiter zurück. Damit vergrößere ich oft die Gefahr, in der ich schwebe.
3. Das Gefühl nachlassender Leistungsfähigkeit
Drei grundlegende Äußerungsformen des Burnout